Altes Kirchenbuch berichtet aus Grotegastes Vergangenheit

Unter Kirchenbüchern versteht man im allgemeinen jene Bände, in denen die Pastoren längst vergangener Tage ihre Amtshandlungen – Taufen, Heiraten und Beerdigungen – der Nachwelt überliefert haben. Leider reichen diese Quellen im Overledingerland zeitlich gesehen nicht allzu weit zurück. Sie setzen durchweg erst nach 1700 ein, wobei offenbar erst eine höhere Anordnung zur Anschaffung geführt hat. Vereinzelt liegen aber auch Nachrichten aus reformierten Gemeinden vor, die darauf schließen lassen, dass schon im 16. und 17. Jahrhundert Veranlassungen bestanden hat, wichtige Ereignisse innerhalb der kirchlichen Verwaltung schriftlich festzuhalten, etwa um das Rechnungswesen darzulegen oder die Vermögensverwaltung übersichtlicher zu gestalten. Das Mitlinger Kirchenbuch geht beispielsweise schon auf Vorgänge im 16. Jahrhundert ein. In Völlen wurde ein Armenrechnungsbuch bereits vor etwa drei Jahrhunderten angelegt.

Das älteste Grotegaster Kirchenbuch reicht bis 1723 zurück. Nun ist ja die Gemeinde mit ihren alten Bauernfamilien von der genealogischen Warte aus gesehen recht interessant, stammen aus ihr doch die ältesten Vorfahren der bekannten und sehr verbreiteten Familie Groenveld. Ein junger Landwirt in der Gemeinde heiratete früher fast immer eine Bauerntochter, auch wenn er dann aus dem Heimatort fortziehen musste. Dadurch wurde der Geburtenzugang ausgeglichen, so dass die Gemeinde Grotegaste nie mit dem Problem eines Geburtenüberschusses fertig zu werden brauchte.

In dem ersten noch erhaltenen Kirchenbuch haben nun seit etwa 1723 die Grotegaster Pastoren alle Personenstandsveränderungen durch Geburten, Heiraten und Todesfälle gewissenhaft festzuhalten versucht. Nur Fortzüge aus der Gemeinde wurden nicht registriert. Trotzdem war die damalige Tätigkeit der Pastoren in etwa mit der eines späteren Standesbeamten – deren Ämter Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eingerichtet worden sind – vergleichbar. So war bis dahin eine Eheschließung vor dem Gesetz – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur gültig, wenn sie vor einem Pastor geschlossen und von diesem beurkundet wurde.

Manches ist aus den Kirchenbucheintragungen des 18. Jahrhunderts interessant. So hatte Monsieur (Herr) Hagedorn, seines Zeichens Apotheker in Weener, zarte Bande mit „Antie (Antje) Jung“ in Hilkenborg angeknüpft. Im Oktober und November 1729 oblag es dem damaligen Grotegaster Pastor, das Verlöbnis und die bevorstehende Eheschließung „prima vice et ultima“ von der Kanzel der Kleinen Dorfkirche zu verkünden. Das war so Vorschrift. Die Trauung fand dann am 09. Dezember 1729 statt.

Jan Jurreiens (Jürgens?) wurde am 06.10.1729 ein Sohn geboren. Nach der Sitte jener Zeit wurde das Kind bereits drei Tage später auf den Namen Syben Henrichs getauft.

Pastoren waren im Anfang des 18. Jahrhunderts Remmer Hardes (1694/1701), Hillebrand Oormann (1701/1713) und Johann Franke ( 1714/1737). Letzterer dürfte also das älteste noch erhaltene Kirchenbuch angelegt haben. Sein Nachfolger wurde Eduard Ahrents (1738/1742). Dieser hat Grotegaste bereits nach einigen Jahren wieder verlassen, um eine Pfarrstelle in Holland zu übernehmen. Von der Führung notwendiger Kirchenbücher scheint er kein Freund gewesen zu sein. So drehte er das von seinem Vorgänger geführte Buch einfach um und begann entgegengesetzt mit einer neuen Seite.

Nur vier Jahre hielt es der Nachfolger Johann Oormann, ein geborener Mitling-Marker, in Grotegaste aus. Im Jahre 1748 erhielt die Gemeinde in Johann Friedrich Fehr einen neuen Prediger, der von Oldersum kam. Unter dem 12. Mai verzeichnete er seine Einführung in Grotegaste im Kirchenbuch, die sich u. a. unter der Asstistenz des Ihrhover Amtsbruders Gerhard Hündling vollzogen hatte. Im Grotegaste wurde Fehr schnell heimisch. Noch im gleichen Jahr heiratete er die Tochter (Juffer-Jungfrau) Aaltje des Harbert Willems „Fendrig“ (Feenders). Man sieht aus der Schreibweise des Namens, dass doch die Kirchenbuchführung nicht immer genau erfolgte. Fehrs Kirchenbuchführung fand übrigens auch nicht den Beifall seiner Visitatoren.

Von 1769 bis 1794 war der aus dem Lippischen stammende Prediger Christoph Schreiter Inhaber des Grotegaster Pfarramts. Nach seinem Tod wählte die Gemeinde Franz Janssen Stromann zu ihrem Pfarrer. Stromann ist lange Zeit in Grotegaste, und zwar bis zu seinem Ableben am 16.04.1832, geblieben. Zweifellos hat er viel für die Gemeinde getan. Kirche, Turm, Pfarre und Schulhaus befanden sich im Ausgang des 18. Jahrhunderts in einem „jämmerlyken toestand“, was nach älteren Schilderungen auch nicht zu verwundern ist. Aber Stromann brachte ein bemerkenswertes Bauprogramm in Gang. Die Pastorei wurde 1798 verbessert. Die Kirche ist 1819 neu erstellt worden. Jürgen Woldinga und Jan U. Bonn aus „Weender“ gaben dafür ihre Kostenvoranschläge ab. Auch die Grotegaster Schule wurde baulich in einen besseren Stand gebracht. Im Kirchenbuch drückte Stromann darüber seine Befriedigung aus. Er wünschte, dass die Schule auch künftig eine Pflanzstätte der Wissenschaft, der Tugend und Gottesfurcht bleiben möge. Die einzelnen Bewohner hatten, zweifellos von Stromann mit Nachdruck ermuntert, tief in den Beutel greifen müssen. Manche Pistole wurde geopfert. Hohe Talerbeträge wurden von einzelnen Interessenten aufgebracht. Es waren immerhin weit über 2000 Reichstaler, die aus der Gemeinde freiwillig geopfert worden sind. Eine Anleihe war vorsorglich bei der Grotegaster Armenkasse aufgenommen worden, deren Betrag einschließlich Spenden weit über den notwendigen Geldbetrag für Bauvorhaben hinausging. Aus dem Überschuss konnten sogar Rückzahlungen an die Interessenten erfolgen. Im Jahre 1821 lag eine saubere Abrechnung der Baukostenrechnung durch den amtierenden Kirchenrechnungsführer Harm O. Groeneveld vor, genau nach Reichstaler, Stübern und Witten ermittelt.

Leider haben sich aus der älteren Zeit keine Kirchenvisitationsprotokolle mehr feststellen lassen, die beispielsweise aus jener Welt vor und nach 1700 doch einen tieferen Einblick in die kirchlichen Verhältnisse gegeben hätten. Lediglich ein Protokoll aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts betreffend eine Visitation in Mitling kam dem Verfasser in die Hand.

Kirchliche Akten und Bücher, die aus der früheren Zeit berichten, sind wertvolle Quellen. Ein solches Archiv der Nachwelt zu erhalten, erscheint immer sehr empfehlenswert und notwendig. Allzu viel ist davon in alter Zeit in unseren heimatlichen Gemeinden verlorengegangen, insbesondere, wenn für die Erhaltung von den Verantwortlichen nicht das richtige Verständnis aufgebracht worden ist.