Kleine Esklumer Schulchronik

Im Jahre 1629 wird noch einer unvollständigen Visitationsniederschrift von einem Küster Henrich Brawe gesprochen. Die wenigen Angaben über sein Diensteinkommen lassen nicht den Schluss zu, dass er bereits als Informator der Esklumer Jugend tätig gewesen ist. In den kleinsten Gemeinden des Overledingerlandes haben sich wohl die Pastoren am Rande mit einer Information der schulpflichtigen Kinder beschäftigt. Sie waren ja selbst daran interessiert, dass die Jugend nicht unwissend ohne Religionskenntnisse aufwuchs, schon im Hinblick auf ihre spätere Zulassung zum Abendmahl.

Eine kleine Dorfschule ab es aber schon im Anfang des 18. Jahrhunderts. Der Bauzustand des Gebäudes einschließlich Küsterwohnung wird 1726 als „miserabel“ bezeichnet. Reparaturen waren dringend erforderlich, aber davon wollten manche Gemeindeglieder wenig wissen. In dem ältesten noch erhaltenen Brandkassenregister (Magazin Landschaftsbibliothek) steht der Versicherungswert der „Meisterey“ um 1760 mit nur 200 Reichstaler angegeben.

Im jahre 1723 hatte die Gemeinde in der Person des Diedrich Knoop einen neuen Schulmeister erhalten. Einer seiner Nachfolger muss ein gewisser Brinkmann gewesen sein, der seinem Kollegen Jaspers in Driever privaten Unterricht erteilte und darüber dem Jasper mit Datum von 1760 – offenbar nachträglich – ein Zeugnis ausstellte. Dass angehenden Schulmeister bei einem älteren Kollegen ein Mindestmaß an Kenntnissen zu erwerben suchten, ist bekannt. Mit einem Zeugnis konnte sich der Schulmeister wohl bewerben, er hatte aber auf jeden Fall beim Ortsgeistlichen ein kleines Examen abzulegen. Dieser Nachweis war notwendig, um die landesherrliche Bestallung beantragen zu können.

Ob nun der Lehrer Brinkmann ein so hervorragender Schulmann gewesen ist, der über großes Wissen verfügte, erscheint nach den uns aus der des 18. Jahrhunderts vorliegenden Akten ein wenig zweifelhaft. Im Jahre 1753 wurde ihm wenigstens bescheinigt, nicht gerade ein strebsamer Schulmann zu sein. Er führte sich „unchristlich“ auf. Scharfen Getränken war er besonders zugetan. Die Ehefrau musste ihren „versoffenen Teufel“ nicht selten aus dem Wirtshaus (Fährhaus?) holen. Bei Beerdigungen fiel für den Küster und Schulmeister manches Gläschen ab. Oft erschien er schon angetrunken zur Trauerfeier. Auf Hochzeiten  ließ er sich gerne sehen. In den Sommermonaten – so 1751 und 1752 – hielt Brinkema kaum Schule, erschien manchmal erst um zehn Uhr vormittags zum Unterricht und dann noch angetrunken.

Besonders die Märkte in Leer wurden von Brinkema fleißig besucht. Drei Tage war er dann nicht nüchtern. Ihm wurde weiter angelastet, sich eifriger als in der Schule mit dem Reinigen von Uhren zu befassen. Er zog zu diesem Zweck von Haus zu Haus. Im Herbst 1753 war das Maß voll. Brinkema wurde vom Auricher Konsistorium vorgeladen. Dem Generalsuperintendenten gelobte er Besserung. Aber das Amt Leer hielt es dann doch für richtiger, Brinkema noch ein „Verwarnungsdekret“ zustellen zu lassen. Ob dieses seinen Zweck erfüllte, lässt sich nicht mehr feststellen. Im Oktober des Jahres 1761 verließ Brinkema diese irdische Welt.

Ein Schulmeister, der seinen Dienst vernachlässigte, war auch in einem Bauerndorf gewiss fehl am Platz. Die Leistungen der Schule mussten erheblich nachlassen, sehr zum Schaden der einem Lehrer anvertrauten Jugend.

Schulklasse und Lehrerwohnung befanden sich im alten Esklum um 1800 unter einem Dach. Das geht wenigstens aus einer Schulakte jener Zeit hervor. Den Beamten in Leer fiel auf, dass dieses Schulgebäude in einem denkbar schlechten Bauzustand war. Sie drängten deshalb auf Abhilfe. Durchgreifende Renovierung oder Neubau, darüber sollte die Gemeinde schnellstens entscheiden. Visitatoren war das schlechte Aussehen der Schüler aufgefallen. Vielleicht wurde das in einem Zusammenhang mit der ungesunden Luft im Klassenzimmer gebracht.

Zunächst wurden nun 1802 Kostenanschläge eines Leeraner Zimmermanns eingeholt. Ein Neubau sollte 1762 Gulden kosten. Weniger war für die Reparatur des Gebäudes auszugeben, aber immerhin erreichten diese Aufwendungen fast 1300 Gulden. In der Kirchengemeinde, der ja das Schulgebäude damals gehörte, entschied man sich für die Renovierung des Schulhauses. Die Vergabe erfolgte im Jahre 1803. Dann wurde auch mit den Ausführungsarbeiten begonnen. Das Klassenzimmer erhielt sogar einen hölzernen Fußboden. Nach einer Beendigung der Bauarbeiten wurde in den Akten vermerkt, nun bestehe „keine Gefahr für den Einsturz“ des Gebäudes mehr. So anspruchslos war noch jene Zeit vor 170 Jahren.

Die Schullasten wurden im Ausgang des vorigen Jahrhunderts nach einem festgelegten Beitragsfuß von den Einwohnern gehoben. Es existierte auch ein besonderer Schulvorstand. Im Jahre 1890 wurde die Trennung von Schul- und Kirchenkasse angestrebt (Rep. 21 b Staatsarchiv Aurich, Schulakten Esklum).

Das Schulwesen in den Emsgemeinden war in alter Zeit noch ein Stiefkind, das möglichst wenig kosten sollte. Doch kehren wir noch einmal in die ältere Zeit zurück.       

Im Jahre 1830 beschaffte die Kirchengemeinde für den gottesdienstlichen Gebrauch ein neues zinnernes Taufgefäß. In der auf diesem angebrachten holländischen Inschrift erscheint auch ein „Schoolonderw(yzer)“ J.A. Beek. Die Kirchensprache in Esklum muss daher noch die holländische gewesen sein, in der gepredigt sein wird. Auch in den reformierten Landschulen entlang der Ems wurde noch in dieser Sprache unterrichtet. Deutsch haben anscheinend auch manche von auswärtsgekommene Schullehrer kaum ausreichend beherrscht. Nicht erklärt ist allerdings, welche Bewandtnis es mit der Erwähnung des Schulmeisters de Beek auf dem Taufgefäß gehabt hat. Nach vorliegenden Akten ist er als Schulmeister in Esklum nicht unterzubringen. Möglicherweise haben ihn besondere Beziehungen zu Esklum veranlasst, eine Spende zu geben, für die dann als „Schoolonderwyzer“ auf dem Taufgefäß namentlich festgehalten worden ist.

Nach einer Schulakte im Auricher Archiv (Rep. 31a 490/91) wird 1833 von dem alten Lehrer Harm Garrels gesprochen, einem alten, kaum noch dienstfähigen Mann, dem als Adjunkt der Lehrer Jan Matelug beigeordnet worden war. Als letzterer 1835 Esklum wieder verließ, trat der „Schulgehülfe“ Geerke Hensmanns Molendorf an seine Stelle. Dieser blieb in Esklum längere Jahre, wo er im Juli 1846 starb. Garrels hatte wohl schon lange Jahre vor ihm das Zeitliche gesegnet, so dass er dessen Stelle erhalten konnte. Molendorf hinterließ eine Witwe und drei unversorgte Kinder. Für sie wurde bis März 1847 das Gnadenjahr bewilligt. Dann fand die Wahl des neuen Lehrers statt, die auf Bernhard Bonhuis, bisher in Uphusen tätig gewesen, fiel. Bonhuis konnte mit seiner Familie in das neue, 1845 erbaute Schulhaus einziehen. Von 38 Kindern hatte er ein Schulgeld von etwas mehr als 48 Reichstaler zu beziehen. Seine Landnutzungen usw. erhöhten das Jahreseinkommen wertmäßig auf knapp 234 Taler. Das war in jener Zeit ein mittleres Lehrereinkommen.

Unter der hannoverschen Regierung wurden bereits Anordnungen getroffen, den Gebrauch der holländischen Sprache in Lehre und Predigt zurückzudrängen. Bereits 1818 erhielten die Pastoren im Rheiderland eine Auflage, jeden sechsten Sonntag in der Kirche hochdeutsch zu predigen. Eine Verordnung  aus dem Jahre 1849 schrieb allen Lehrern vor, ihren Unterricht künftig in deutscher Sprache zu erteilen. Das Holländische konnte höchstens noch an Nachmittagen stundenweise als „Fremdsprache“ gelehrt werden. In Lehrerkreisen wurde das auch als notwendig angesehen. Ein Hindernis war allerdings, dass die älteren Schulmeister in den reformierten Gemeinden das Hochdeutsche offenbar nicht gründlich beherrschten. Das traf auch für manchen Pastor zu, der im Anfang des vorigen Jahrhunderts noch in Holland studiert hatte oder von der in eine ostfriesische Pfarrstelle gekommen war.

Im Jahre 1886 wurde der Lehrer Sparenborg nach Esklum berufen, der gewiss der ältesten Generation in guter Erinnerung ist. Zu seinen Nachfolgern gehörte Lehrer Memming, der noch in der alten Schule bei der Fähre gewirkt hat. 1922 war eine Trennung der bisher organischen Verbindung von Kirchen- und Schulamt in Esklum durchgeführt.

Im Ostteil des Dorfes wurde vor Jahrzehnten (1954) eine neue Schule mit Lehrerwohnung erbaut, die aber ihren Zweck wegen erfolgter Umschulungen nicht mehr lange dienen sollte. An ihr wirkte noch der Lehrer Swyter, dessen Sohn die benachbarte in Driever leitete. Das Schulgrundstück ist heute verkauft. Die alte Schule wurde abgebrochen. Eine jahrhundertelange Esklumer Schulgeschichte hatte damit ihren Abschluss gefunden.