Zur Geschichte des Grotegaster Schulwesens

In alten Schulakten unserer Overledinger Gemeinden zu blättern, ist keineswegs immer uninteressant. Inhaltlich befassen sich diese nicht nur mit Lehrer- und Unterrichtsangelegenheiten, sondern sie erwähnen beiläufig auch viele Dinge, die zum ortsgeschichtlichen Bereich, insbesondere dem wirtschaftlichen gehören. Bekanntlich hatte sich bereits im 16. Jahrhundert die Gräfin Anna von Ostfriesland in ihrer Polizeiordnung für notwendige Entwicklungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Schulwesens eingesetzt. Ihrer Vorstellung entsprach es, dass eine  Schulpflicht eingeführt wurde und jedes Kirchspiel ihre Schule haben sollte. Das zu bewerkstelligen war Pflicht und Sache der kirchlichen Stellen.

So schnell wie sich vielleicht die Landesmutter die Organisation eines ländlichen Schulwesens vorstellte, war dieses aber nicht einzurichten. Im 16. Jahrhundert hat es jedenfalls nach vorliegenden Quellen nur in den Städten, einigen Flecken und größeren Ortschaften die ersten Volksschulen gegeben. Die Kirchspiele im Land zogen nur langsam nach. Nach 1600 kam dann die Errichtung von Landschulen stärker in Fluss. Fast jede Gemeinde hatte damals nach vorliegenden Viehregistern mit namentlichen Angaben einen Küster, der den Kirchendienst versah. Nicht immer war es aber möglich, diesen Posten einem Einwohner oder sonstigen Bewerber zu übertragen, der auch über dürftige Kenntnisse in den elementarsten Wissenschaften verfügte, etwa notdürftig lesen und schreiben konnte, oder Unterricht im Bibellesen erteilen konnte. Die Bibel war damals das einzige Buch, das notfalls als Lesebuch dienen mochte.

Alte Schulmeister werden uns aus dem 17. Jahrhundert für Grotegaste noch nicht namentlich übermittelt. Das schließt allerdings nicht aus, dass aber schon vor 1700 ein Schulbetrieb bestanden hat. Hinweise darauf könnte die Erwähnung des Schulmeisters Dirk Hendriks geben, der 1719 verstorben war. Als Nachfolger wählte die Gemeinde seinen Sohn Peter Dirks. Offenbar hat der Sohn schon den alten Vater im Schuldienst unterstützt, von ihm die notwendige Ausbildung erhalten, um nun 1719 als Bewerber auftreten zu können.

Eine solche Lösung kam den Gemeinden immer sehr gelegen, sofern auch der örtliche Prediger damit einverstanden war. Vielleicht hat dieser Peter auch Nachhilfeunterricht erteilt. Das wurde nämlich von den Pastoren gern praktiziert, denn an einem guten Schulmeister waren auch sie interessiert.

Im Jahre 1729 trat Peter Dirks in den Ehestand. Er heiratete „Egede“ Wendelke Berens, eine Tochter des Einwohners Syben Henrichs von Coldemüntje. Nach Aktenvorgängen jener Zeit (Bestände 138 II und 139 Nieders. Staatsarchiv Aurich) war Dirks noch 1742 Inhaber seines Schulamtes. Dem Konsistorium hatte er damals allerhand Klagen vorzubringen. Küsterei und Schule befanden sich in einem beklagenswerten Bauzustand. Früchte und Vorräte kamen ihm um. Von seinen fünf Kühen waren ihm vier eingegangen, wohl weniger durch den Aufenthalt im verfallenen Stall, als durch eine stets im Land auftretende Viehseuche. Seine Frucht musste der Schulmeister in der Pastorei, den Torf im Glockenturm unterbringen. Er verlangte nun wegen seiner schwierigen Verhältnisse Befreiung von Grund-Kirchen- und Deich- bzw. Siellasten. Das konnte ihm aber nicht zugebilligt werden, aber der Gemeinde wurde aufgegeben, für die Erneuerung der Schule und der Lehrerwohnung zu sorgen. Notfalls waren die Kosten durch eine Kollekte zu beschaffen.

Sein Einkommen musste der Grotegaster Schulmeister in jener Zeit wohl in erster Linie aus dem Betrieb einer Landwirtschaft mit entsprechender Viehhaltung ziehen. Nach Angaben aus der Zeit um 1800 gehörten zur Stelle etwa vierzehn Diemat Schul- und Küstereiländereien.

Im Jahre 1810 hören wir von dem Dienstantritt des neuen Lehrers Boelma, der lange Jahrzehnte in Grotegaste gewirkt hat. Zu seiner Zeit wurden 1819 Meistereien und Schule neu erbaut. Der um 1845  schon sehr alt gewordene Lehrer Boelma benötigte einen Gehilfen, offenbar, weil er selbst kaum noch zur Dienstleistung fähig gewesen ist. Pensionen hatten in jener Zeit emeritierte Lehrer nicht zu erwarten. Sie blieben, um im Genuss aller Einnahmen der Schulstelle und Küsterei zu bleiben, bis zu ihrem Ableben im Dienst. Das musste zu großen Unzuträglichkeiten führen. Eine Zwischenlösung war dann die Anstellung einer jungen Lehrkraft, die aber vom Inhaber der Stelle unterhalten war. Als nun 1845 der Schulgehilfe  Petersen nach Grotegaste kam, gab es sofort einige Schwierigkeiten mit Boelma. Von seinem Jahreseinkommen, etwa dreihundert Taler, sollte er hundert dem Petersen abgeben. Boelma scheint sich schließlich bereitgefunden zu haben, dem Verlangen einer hohen Obrigkeit zu entsprechen. Petersen verließ aber Grotegaste nach einiger Zeit. Im Jahre 1848 kam der Schulgehilfe Jürgens in den Grotegaster Schuldienst. Wieder musste ausgehandelt werden, welchen Jahresbetrag Boelma an ihn auszukehren hatte. Man einigte sich auf neunzig Reichstaler. Jürgens hatte sich selbst zu beköstigen und auch für seine Wohnung zu sorgen. Als Boelma schließlich diese irdische Welt verließ, wurde Jürgens als Grotegaster Lehrer angestellt. Sein Einkommen wird 1857 mit jährlich 278 Reichstalern angegeben. Diesen Dienst hat er bis 1894 versehen. Damals trat er in den Ruhestand. Um 1876 hat das Lehrereinkommen 800,00 Mark jährlich betragen.

Einige Nachrichten aus der Zeit um 1800 berichten auch über die damalige Inventarausstattung der Schulklasse. Drei Tische und fünf Bänke reichten aus, um die kleine Schülerschar unterzubringen. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts waren es etwa dreißig Kinder, die unterrichtet wurden.

Als Inhaber der Grotegaster Schulstelle verdienen gewiss Lehrer de Haan und neuerdings Lehrer Dirksen noch Erwähnung, die sich in diesem Jahrhundert für lange Jahrzehnte der Jugend der Gemeinde gewidmet und ihr wertvolles Rüstzeug fürs Leben mitgegeben haben. Neuerdings wurde die Grotegaster Schule aufgehoben, ebenso wie in Mitling-Mark, Driever und Esklum. Geblieben ist nur noch ihre Geschichte, die sich an Hand alter Akten bis in die Zeit um 1700 zurückverfolgen lässt.