Die Landwirtschaft und ihre Entwicklung im vorigen Jahrhundert

Im Jahre 1818 gab ein verdienter Landsmann Friedrich Arends den ersten Band seines dreiteiligen Werkes „Ostfriesland und Jever usw.“ (Emden, gedruckt bei Witwe Hyner & Sohn) heraus. Arends war ein guter landwirtschaftlicher Sachkenner. Über den Overledinger Deichstrich führt er darin (S. I / 215) folgendes aus:

 

            „Oberledingerland (statt Overledingerland) hat in den Kirchenspielen Grotegast,

Driver, langs den Deich vortreflichen Kleiboden, der dem in Rheiderland gleich

Kommt, nur nicht so tief geht, auch schmaler ist, etwas 100 Ruthen Breite haltend.

Die Bauerde hält durchgängig 6 Zoll, darunter liegt etwas Knick – hier Dwer genannt – und ferner guter Klei, der einige Fuß tief geht bis an den Darg, doch keinschwerer Ziegelklei ist.“

 

Hier gibt Arends eine kurze Darstellung der Bodenverhältnisse um Driever in der ihm eigentümlichen Sprache. Interessant ist auch die von ihm gegebene Schilderung der Folgen einer am 4. März 1817 gelegentlich hoher Fluten eingetretenen Beschädigung von Deich und Siel zu Weekeborg. Am Siel entstand ein enormer Schaden. Die gesamte Anlage wurde herausgerissen. Ganz Overledingerland – gemeint sind wohl die weiten Hammrichgebiete – stand unter Wasser. Dem ersten Durchbruch folgte, nachdem dieser zunächst gedichtet werden konnte, ein zweiter. Jetzt gab es im Binnenland bis in den Mai hinein Ebbe und Flut. Große Mengen Schlamm füllten die Gräben Binnenlands. Erst im Juni konnte das Vieh auf die Weiden gebracht werden. Ackerland zu bestellen war nicht möglich. Hinter dem Siel zu Weekeborg entstand ein großer Kolk, der heute noch mit seinen Resten zu sehen ist. Große Geldsummen mußten für Sielerneueurng und „Dämpfung“ des Kolks ausgegeben werden. Aus dem ganzen Overledingerland wurden Hand- und Spanndienste gefordert. Die Sielerneuerung konnte erst 1818 in Angriff genommen werden.

 

Zur Zeit Friedrich Arends – also im Anfang des vorigen Jahrhunderts – hatte die Viehzucht in der Gemeinden Driever einen für jene Zeitverhältnisse schon beachtlichen Stand aufzuweisen,den die „Busker“, gemeint sind in der damaligen Sprache die Landwirte in den Geestorten, schon keineswegs erreichen konnten. Die in den Betrieben des Kirchspiels Driever gehaltenen Bestände reichten aber zahlenmäßig nicht an den heute gewohnten heran. Stammbuchvieh gab es noch nicht. Trotzdem wurde aber versucht, doch schon zu guten züchterischen Ergebnissen zu kommen. Über Milchleistungen der gehaltenen Kühe waren leider keine konkreten Angaben zu erhalten. Die Schätzung von 3000 kg als Jahresleistung einer besten Kuh dürfte sehr oft erreicht worden sein, insbesondere wegen der guten Weidequalitäten. Im Durchschnitt lagen die Ergebnisse zweifellos niedriger. Vergleiche mit von Arends gebrachten Angaben sind kaum möglich, da diese einmal allgemein gehalten sind, dann aber auch nach den Butter- und Käseertrag eines Jahreskuhmlich keine sicheren Berechnungen gemacht werden können. Das gilt ebenfallsfür die damalige Fettleistung der Kühe.

 

Gelegentliche Berichte in Lokalblättern und Fachzeitschriften der späteren Zeit (nach 1860) lassen erkennen, daß als Viehzüchter die Landwirte Boekhoff in Klostermuhde schon mit ihren züchterischen Leistungen sehr hervorgetreten sind. Das traf ebenfalls auf deren Pferdezucht zu. Der Landwirtschaftliche Hauptverein sowie der am Ausgang des vorigen Jahrhunderts stäker hervorgetretene Norder Verein der ostfriesischen Stammviehzüchter finden damals auch im Gemeindegebiet von Driever, wie überhaupt in den Dörfern entlang der Ems, ein bemerkenswertes Interesse. In den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts vollzog sich übrigens ein bemerkenswerter Wandel zu intensiven Bewirtschaftungsmethoden. Die Viehausfuhr über die Leeranter Märkte hatten auf die fortschreitende Entwicklung der heimatlichen Wirtschaft einen vorteilhaften Einfluß. Die Viehpreise für gute Tiere zogen an und belebten damit die züchterischen Bestrebungen. Gute Bullen wurden in den Zuchtbetrieben aufgezogen und damit eine Grundlage geschaffen, auf bisherige Erfolge aufzubauen. Ostfriesisches Vieh eroberte sich einen guten Markt und dazu haben erfolgreiche Landwirte zu ihrem Teil mit beitragen können.

 

In einer Bauernfamilie zu Klostermuhde wird heute noch ein interessantes Geschäftsbuch gezeigt, das wertvolle Hinweise auf die von den Vorfahren getätigten Geschäfte gibt.Wollte die heimatliche Landwirtschaft Erfolge haben, dann mußte nicht nur Zuchtvieh aufgezogen, sondern auch rentierlich verkauft werden. Ein Spiegelbild der gesamten Viehzucht nach dem Stand um die Jahrhundertwende könnten uns noch alte Zeitungsbestände liefern, die nicht nur laufend Marktberichte bringen, sondern gelegentlich auch von Ausstellungserfolgen zu berichten wissen, die der Viehzucht ebenso wie der Pferdezucht in den Dörfern Overledingens entlang der Ems ihren besonderen Ruf eingebracht haben.