Unwetter über Driever im Februar 1825

In der Nacht vom 3. Zum 4. Februar 1825 erlebte die gesamte Nordseeküste mit ihrem Hinterland eine schwere Sturmflut, die u.a. zu schweren Schäden an Deichen und Sielen, Wohnungen und Ländereien, führten. Der hannoversche Ingenieurmajor W. Müller hat noch im gleichen Jahr eine umfangreiche Dokumentation des Geschehens in der Sturmnacht herausgebracht, in der Absicht, die aus der Drucklegung seines Werkes erzielten Überschüsse zum Besten der Geschädigten zu verwenden (Beschreibungen der Sturmfluten usw. Hannover 1825).

 

Im gesamten Overledinger Deichstrich gab es in jener Nacht wohl keinen Hausvater, der sich getraute, ruhig das Bett aufzusuchen. Um 11 Uhr nachts kam ein Gewitter auf, bei „welchem es so anhaltend und heftig blitzte, daß die ganze Umgegend davon beleuchtet wurde.“ Das berichtet jedenfalls unser Gewährsmann in seinem lesenswerten Buch (S. 202). Die Deichstrecke von Muhde bis Weekeborg traf die volle Gewalt der Sturmflut. Nur unter Lebensgefahr konnten die Einwohner von Driever noch zum Deich kommen. Die Nacht wurde schlaflos überstanden. Am anderen Morgen zeigte sich dann das volle Ausmaß der Zerstörungen.

 

Glücklicherweise traten keine Schäden an den Gebäuden in Driever ein, weil diese in der Regel eine höhere Lage hatten. Nur einzelne Häuser wurden in Mitleidenschaft gezogen. Überschwemmungen hatten einen Teil der Wintersaaten vernichtet. Eine bedenklichere Bilanz ergab sich allerdings aus den verschiedenen Deichbrüchen und „Kappstürzungen“. Hand- und Spanndienste der Pflichtigen mußten mithelfen, diese Schäden schnellstens zu beseitigen. Welches Ausmaß diese gehabt haben, ergibt sich aus der nachstehenden Aufstellung. Die Schadenstellen wurden nach Fuß vermessen, wobei ein Fuß in etwa 30 Zentimeter entsprach. Fünfzig Fuß waren somit einer Länge von fünfzehn Meter gleichzusetzen.

 

            Schadensstelle oder                                         Abmessung in Fuß

            nähere Bezeichnung                                         Länge              Breite               Tiefe

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            1.) Durchbruch beim Muhder Siel                    50                    36                    10

            2.) ein Deichbruch                                           50                    45                    12

            3.) ein Deichbruch                                           36                    36                    10

            4.) desgl.                                                         46                    45                    12

            5.) desgl.                                                         36                    45                    12

            6.) desgl.                                                         20                    20                    10

            7.) desgl.                                                         20                      8                      8

            8.) eine Kappstürzung                        168                   12                      8

            9.) desgl.                                                       100                   10                      6

          10.) desgl.                                                        18                    24                    12

          11.) desgl.                                                        50                    24                    12

          12.) noch neun kleine Kappstürzungen

                 ohne Angabe der Abmessungen

          13.) noch ein Deichbruch                                  36                    36                    12

 

Auffällig ist, daß nicht die Schäden in Weekeborg Erwähnung finden. Offenbar hat der Berichterstatter damals diesen Ortsteil übersehen.

 

Die Bevölkerung der Gemeinde war gewiß seit Jahrhunderten solche Unglücksereignisse, hervorgerufen durch die Gewalten des Elementes gewohnt. Immerhin betrug die Gesamtlänge aller Deichschäden 1825 über 200 Meter. Die Wiederauffüllung der großen Lücken erforderte die Herbeischaffung großer Erdmassen. Das konnte nur mit Gespannen bewerkstelligt werden. Hilfskräfte waren heranzuhoen und zu bezahlen. Der Staat lieferte dazu wohl kaum Zuschüsse, aber eine umfangreiche Sammlung im Gebiet des Königreiches Hannover sorgte dafür, daß wenigstens hart betroffenen Familien, die schwere Verluste an Gebäuden und Eingut oder Vieh erlitten hatten, eine Beisteuer als Hilfe gegeben werden konnte.